
Samuel Maimbo: „Es ist Zeit, ein neues
Modell der
Entwicklungszusammenarbeit zu
entwickeln“
Samuel Maimbo: „Es ist Zeit, ein neues
Modell der
Entwicklungszusammenarbeit zu
entwickeln“
David Renke
03/04/25 11:00
Der Sambier Samuel Maimbo kandidiert für die Präsidentschaft der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB). Zuletzt war er Vize-Präsident der Weltbank. Warum er den Rückzug vieler Länder aus der Entwicklungszusammenarbeit als Chance für Afrika sieht, lesen Sie im Interview.
Warum wollen Sie im Mai zum neuen Präsidenten der AfDB gewählt werden?
Der Kontinent befindet sich an einem Scheideweg. Wir haben ein Entwicklungsmodell, das auf externe Hilfe aufgebaut ist und immer wieder sind die afrikanischen Länder in dieselbe Schuldenkrise geraten. Ich denke, dass sich jetzt die Gelegenheit bietet, ein neues Modell zu entwickeln, das vom Privatsektor getragen wird und auf Wachstum ausgerichtet ist. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass Wachstum der einzige Weg ist, um die Schuldenprobleme in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig hilft uns das Wachstum auch, die Herausforderungen von Ungleichheit und Armut zu bewältigen. Es geht mir darum, Wege zu finden, wie der Kontinent über einen längeren Zeitraum hinweg deutlich wachsen kann.
Dann ist das Ende von USAID also ein willkommener Weckruf?
Diese Entscheidung ist von großer Bedeutung. Die Finanzierung durchdie USA war in vielerlei Hinsicht hilfreich. Ich komme aus Sambiaund habe die HIV/AIDS-Krise miterlebt. PEPFAR und die Finanzmittel,die in das Gesundheitswesen flossen, haben das Wohlergehen vielerAfrikaner auf dem Kontinent erheblich verbessert. Dennoch ist dieseEntscheidung durchaus ein Weckruf. Wir müssen dieFinanzierungsquellen für unsere eigene Entwicklung besserdiversifizieren. Allerdings ist diese Entscheidung nicht neu. Schonfrühere Regierungen haben ihre Hilfen gekürzt und dies wird sichernicht das letzte Mal sein.
Wie wollen Sie mehr private Investitionen nach Afrika bringen?
Aus der Sicht der afrikanischen Regierung sehe ich drei Dinge alsentscheidend. Erstens geht man Sektor für Sektor vor und identifiziertin die Vorteile, die Afrika hat. Wir haben zum Beispiel 60 Prozent derweltweiten Ackerfläche. Wir bewässern aber nur fünf Prozent davon.Wir haben außerdem starke Entwicklungen in der Kreativwirtschaft,der Sportindustrie oder dem Bergbau.
Zweitens müssen wir sicherstellen, dass wir unsere Regierung dabeiunterstützen, die Art von Geschäftsumfeld zu schaffen, die derPrivatsektor braucht. Damit meine ich nicht nur den externenPrivatsektor, ich möchte auch sicherstellen, dass der inländischePrivatsektor gute Bedingungen bei Themen wie Rechtsstaatlichkeit,Infrastruktur oder Energie vorfindet.
Der dritte Punkt, der sich direkt auf die AfrikanischeEntwicklungsbank bezieht, ist, dass die Bank als Hauptvermittlerauftreten muss. Wenn ein Unternehmen aus Deutschland in Afrikainvestieren möchte, kann es sich optimalerweise an eine Stellewenden, die ihm Daten über alle Märkte in Afrika liefert und diePartnerschaften mit lokalen Unternehmen vermittelt. Momentan sinddie Transaktionskosten für ein Unternehmen bei der Beschaffungdieser Daten noch zu hoch. Ich möchte ein entsprechendeswirtschaftliches Ökosystem aufbauen, das hilft, die Investitionen desPrivatsektors zu erhöhen.
Wie kann die von der Afrikanischen Union beschlosseneafrikanische Ratingagentur dabei helfen?
Wenn in meiner Branche jemand die Einrichtung einer neuenInstitution vorschlägt, frage ich immer: Was ist das Kernproblem, daswir zu lösen versuchen? Und in diesem speziellen Fall ist dasKernproblem die Geschichte Afrikas. Zurzeit gibt es auf dem Kontinent250 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens einerMilliarde US-Dollar. Niemand erzählt diese Geschichte. Es stimmtaber, dass afrikanische Unternehmen und afrikanische Regierungenfür dieselbe Art von Geschäft einen ungerechten Risikoaufschlagzahlen müssen.
Wenn wir dieses Problem lösen wollen, hat die AfrikanischeEntwicklungsbank noch viel zu tun, um sicherzustellen, dass wir dierichtigen Daten erfassen, die richtigen Daten verkaufen und dierichtigen Daten weitergeben. Dazu gehört auch zu erfassen, ob dieRegierungen die richtigen Daten über die wirtschaftliche Leistungihres Landes erheben. Daten sind also die größte Herausforderung, diewir haben und auf das ich mich in meiner Arbeit konzentrierenmöchte. Wenn wir diese Rahmenbedingungen nicht ebnen, laufen wirGefahr, einfach eine Ratingagentur einzurichten, die aus Gründen derGlaubwürdigkeit nur die gleichen Ratings abgeben kann, wie diebestehenden Institute.
Auf dem afrikanischen Kontinent nimmt auch die Rolle vonInvestoren auf den Golfstaaten zu. Sehen Sie hier neue Möglichkeitender Zusammenarbeit?
Der Druck auf die afrikanischen Volkswirtschaften ist beträchtlich. Esist daher positiv, dass sich die Finanzierungsquellen zunehmenddiversifizieren. Die Finanzierung aus dem Nahen Osten ist ein Bereich,der auf dem Kontinent einen bedeutenden Aufschwung genommenhat. Man denke nur an die Investitionen türkischer Bauunternehmen,an Unternehmen aus dem Nahen Osten, die in den Bankensektoreinsteigen, an Handelsinvestitionen in der Landwirtschaft. DieseUnternehmer kommen, um mit Partnern zu investieren undUnternehmen und Geschäfte zu entwickeln.
Es gibt eine Generation junger afrikanischer Menschen, die derMeinung ist, dass es für Afrika an der Zeit ist, seine Angelegenheitenselbst in die Hand zu nehmen. Ich glaube, wir sollten kurz innehaltenund uns bewusst werden, welche Vorteile wir in Afrika haben und unsdafür echte Geschäftspartner aus der ganzen Welt suchen. Dazugehören auch Investoren aus dem Nahen Osten. Sie sind auf demKontinent zwar noch vergleichsweise neu, sie tätigen aber guteInvestitionen, die wir zu nutzen bereit sind.